bartholomäberg: konzept


Für uns scheint die Zeit der Pandemie in weite Ferne zu rücken. Dabei ist es erst knapp drei Jahre her, in denen dieser Einschnitt in das Geschehen der Welt uns für zunächst einige Wochen, dann Monate und schließlich Jahre gelegentlich zum Stillstand gebracht hat. Der Umgang mit dieser neuen Situation war so unterschiedlich, wie jeder von uns einzigartig ist. Krisenmeisterer nutzten die neu gewonnene Ruhe und müßige Zeit zur Erfüllung lange liegengelassener Wünsche, andere Berufskreise schlitterten in Überarbeitung und in ein Gefühl des Alleingelassen-Seins. Eine neu erweckte Berufung zum Entdecken der Natur in der eigenen Umgebung, aber auch der vollkommene Rückzug in die eigenen vier Wände, die damit recht schnell zu einem Ort der sozialen Isolation werden konnten, standen sich konträr gegenüber.

 

Vielleicht liegt gerade in diesem diametralen Gegensatz, in dem Gefühl des Aufgehens in der Natur, aber auch gleichzeitig des Rückzugs und der Besinnung zu und auf sich selbst,  der Ausgangspunkt für die Idee eine über achteinhalb Meter lange Wand am Bartholomäberg über Schruns malerisch zu gestalten. Mit den Mitteln der Kunst stellten sich Menschen seit jeher den Fragen des Woher und des Wohin. Und gerade im Zuge der religiösen Praxis entstanden unzählige Werke in den verschiedensten Kulturkreisen, Materialien und Ausformungen, die sich allesamt auch dem Gedanken des Jenseits und der Zeit, die wie ein undurchdringlicher Nebel noch vor uns liegt, widmen. Die Gestaltung einer Kapelle, der Bau eines Orts der privaten Andacht, auch des Rückzugs, des Verbleibens und Eins-Werdens mit der Natur, waren somit naheliegende und zugleich grundlegende Ansätze für erste Ideen zur Umsetzung dieses Projekts.

 

Der Ausbruch aus den eigenen vier Wänden, der Aufbruch in die Natur als Ganzes wurden dabei schnell zu zentralen Leitmotiven der Konzeption und Umsetzung. Ursprünglich noch als Dekoration eines Kapellenraums vorgesehen, entschied sich die Auftraggeberin schließlich dazu, diesen Kraftort am eigenen Grundstück nicht auf einen einzelnen Rückzugsort in Form eines Innenraums zu beschränken. Stattdessen soll und kann die sich an diesem Südhang im Montafon ausbreitende Landschaft und das Wandgemälde gemeinsam als grenzenlose Outdoor-Kapelle verstanden werden. Insofern spiegelt das derzeit auf der Wand entstehende Bild nicht nur die eindrucksvolle Naturkulisse wider, sondern soll zugleich als eine Art Seelenlandschaft durchwandert und mit Blicken entdeckt werden können.

 

Mit der Entscheidung, die Malerei an einer Mauer im Außenbereich umzusetzen,  ging der Wunsch einher, die Besichtigung des Werks auch anderen zu ermöglichen. Ist es Zufall, dass die Mauer und das Grundstück entlang eines alten Wegesystem am Bartholomäberg liegt, an dem die Bergknappen im Mittelalter von Schruns hinauf zu den Stollen gegangen sind und über das man bis heute diese und andere Orte der Region zu Fuß erschließen kann? Ebenso wenig scheint es ein Zufall zu sein, dass ich selbst das Ergehen der Landschaft, das Entdecken alter Wege in meinen Arbeiten der letzten 10 Jahre zu einen meiner zentralen Themenstellungen erhoben hatte. Hier finden sich also Platz, Gelegenheit, Motiv und williger Täter - sprich: Maler - und bedingen die Entstehung einer offenen Kunstinstallation, an deren Planung, Umsetzung und Fertigstellung ihr über die laufend aktualisierten Beiträge auf dieser Website am Laufen gehalten werdet.

 

sneak preview


Einen kleinen Vorgeschmack auf das, was auf dem Mural und im Zusammenhang mit diesem Projekt noch alles zu sehen sein wird, möchte ich euch mittels dieses kurzen sneak previews unter den Christbaum legen: Zu sehen sind Fotos, mit denen ich seit Arbeitsbeginn im Herbst 2022 den Entstehungsprozess dokumentiert habe: von frühen Ideenskizzen und Zeichnungen, über das aufwendige Übertragen der Entwürfe auf die Wand per »Blaupausen« bis zu den ersten Pinselstrichen auf der Mauer. Seit Mitte September 2023 ist die komplette Wand bereits mit der Grundstruktur der Komposition bemalt. Im Frühjahr 2024 werde ich mit der Ausarbeitung der Details und dem letzten künstlerischen Feinschliff beginnen. Bis zur Veröffentlichung des gesamten Projekts müsst ihr euch also noch ein wenig gedulden. Aber lehrt uns nicht der Advent, dass die Vorfreude eigentlich die beste Freude ist? Ich wünsche Euch viel Vergnügen beim »Vorfreuen« und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Bleibt gesund!

Herzlichst, Florian
Wien, Dezember 2023